Äthiopien

28 Mai 2006

Ich komme nach Deutschland!

Jetzt bin ich doch schon eine ganze Weile hier. Insgesamt habe ich festgestellt, dass ich noch nie so lange nicht in Deutschland war wie jetzt. Aber jetzt ist es soweit. Ich komme das erste Mal zurueck: Vom 06.-22.06. werde ich in Deutschland sein und ich kann gar nicht in Worte fassen wie sehr ich mich darauf freue!

Irgendwie ist das in den letzten Tagen fuer mich Grund gewesen so ein erstes Resumee zu ziehen. Fuenf Monate Aethiopien, fuenf Monate nicht in Deutschland, seit acht Monaten arbeiten im EZ Umfeld. Ist es das was ich mir vorgestellt habe?

Ja und nein.

Ja ich habe mir gewuenscht einmal diese Auslandserfahrung zu machen und in einem Gebiet zu arbeiten, dass voellig neue Herausforderungen an mich stellt. Wobei ich mit meiner taeglichen Arbeit Anderen helfen kann. Und vor allen Dingen auch etwas mehr Ruhe und Muße in mein Leben zu bringen.

Und ich muss sagen: Das ist genauso eingetreten. Ich habe fuer mich persoenlich unheimlich wichtige Erfahrungen gesammelt und auch schon Einiges bewegen koennen. Das Arbeiten im EZ Kontext laesst mir im Vergleich zum Arbeitsalltag in der freien Wirtschaft viel mehr Zeit nachzudenken und mich selbst zu reflektieren. Ich bin viel ausgeglichener geworden und vor allen Dingen spruehe ich beinahe wieder vor Kreativitaet und Tatendrang, wie ich es seit Jahren nicht getan habe.

Aber das Ganze hat mich auch auf den Boden zurueckgeholt. EZ war immer mein Traum. Und wenn man Traeume lebt sehen sie in der Realitaet anders aus. Vieles relativiert sich.

Das Arbeiten in der EZ hat etwas "Ganzheitliches". Das heisst man kann der Sache nicht entrinnen. 24h 7 Tage die Woche ist man mit seinem Aufgabengebiet konfrontiert und auch im privaten Bereich trifft man staendig auf Armut und nicht zuletzt auf immer wieder seine Arbeitskollegen.

Und die Realitaet hier sieht so aus, dass man haeufig die Hoffnung auf fuehlbare Verbesserung verliert. Bei einem Bevoelkerungswachstum von jaehrlich mehr als 3% wird die Bevoelkerungszahl von heute 77 Mio sich bis in 20 Jahren auf mehr als 150 Mio verdoppeln. Und heute sind bereits keine Arbeitsplaetze vorhanden, ein grosser Teil der Bevoelkerung nicht in der Lage sich selbst zu versorgen. Wie soll das mit doppelt so vielen Menschen funktionieren?

Und ausserdem sehe ich ein grosses Problem: Die Unterstuetzung durch uns Entwicklungshelfer ist hier aufgrund von so vielen Geberstaaten, die sich hier tumeln ueberall praesent. Leider fuehrt das auch dazu, dass sich egal wo man hinschaut ueberall Äthiopier dazu erzogen wurden: Die Geber werden das schon machen. Ich druecke das jetzt absichtlich etwas ueberspitzt aus, aber das Fördern von Eigeninitiative ist das haeufig nicht.

Wie gesagt ich habe das jetzt ueberspitzt ausgedrueckt. Es gibt auch sehr sehr viele Gebiete, auf denen hier ein riesiges Potential fuer die Zukunft ruht. Und die sehe ich insbesondere in einer staerkeren Privatwirtschaft. Das ist einer der Dinge, die ich hier bisher schon fuer mich mitgenommen habe. Kapitalismus ist DER Katalysator fuer die Entstehung von Einkommen. Dieser muss eingebettet sein in einen starken Staat, der seine Buerger absichert. Aber ohne ihn, sehe ich hier keine Perspektive.

Deswegen bin ich auch sehr froh, dass es letzte Woche endgueltig mit meinem Jobwechsel geklappt hat. Voraussichtlich kurz nach meiner Rueckkehr aus Deutschland werde ich nicht mehr im regionalen Bildungsministerium sitzen, sondern im regionalen Wirtschaftsministerium. Dort werde ich sowohl Berater fuer die Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen fuer existierende Unternehmen und zukuenftige Investoren, als auch direkt Berater fuer einzelne Unternehmen sein. Wir werden versuchen fuer Äthiopien sinnvolle Wertschoepfungsketten zu definieren und zu analysieren. Ziel ist es die Flaschenhaelse zu identifizieren und zu verbreitern. Darin sehe ich eine grosse Chance fuer wirkliche Entwicklungsfortschritte und freue mich schon sehr auf diese Aufgabe. So jetzt ist aber auch wieder genug. Ich muss jetzt in die Heia. Ciao.

Pressefreiheit

Ich weiss nicht wirklich ob dieser Eintrag bei euch ankommt. In Äthiopien gibt ja schon seit den gewaltsamen Auseinandersetzungen nach den Wahlen letztes Jahr kaum noch freie Presse. Die Zeitungen, Radio- und Fernsehsender die noch existieren duerfen sind beinahe ausschliesslich regierungtreu. Deswegen ist die Moeglichkeit hier an gesicherte Informationen zu kommen gelinde gesagt beschissen. In den letzten Tagen wurde die Pressefreiheit leider noch weiter mit Fuessen getreten. Die letzten beiden "regierungskritischen" Radiosender werden aktiv unter Druck gesetzt.

Einer der Wege auf denen sich die Menschen hier weiterhin gegenseitig informiert haben waren "Blogs". Blogs sind Online-Tagebuecher wie dieses Meine. Auch dieses letzte Medium wurde letzte Woche hoechstwahrscheinlich vom aethiopischen Informationsministerium fuer den Zugriff aus Aethiopien gesperrt. Das heisst wir koennen von hier aus seit letzter Woche nicht mehr auf die Blogs zugreifen und sie nicht mehr lesen.

Wie ich eben festgestellt habe ist auch mein Blog davon betroffen, da die gesamte Seite www.blogspot.com fuer Aethiopien gesperrt wurde.

Ich versuche jetzt trotzdem zu schreiben, das scheint noch zu gehen. Ich hoffe das kommz bei euch an!

12 April 2006

ENDLICH

Nachdem ich mich schon seit Wochen nicht mehr hier gemeldet habe wird es mal wieder höchste Zeit!

Und mein Schlüsselwort ist heute ENDLICH.

ENDLICH die Erste:

Was ist wohl die Nummer Eins? Klar: Susanne. Endlich haben wir uns wieder gesehen. Als ich am Flughafen stand und nur noch durch das Plexiglas des Zolls von ihr getrennt war hat es mich fast verrissen. Aber wir haben es dann doch ausgehalten und keinen Zollbeamten umgehauen ;) Aber was soll ich sagen: wenn man sich dann wieder im Arm hat sind die drei Monate warten auf einen Schlag vergessen. Uups ich bin ja im Netz – vielleicht sollte ich nicht zu sehr in Detail gehen ;)

Die ersten Tage musste ich noch arbeiten und Susanne hat viel Zeit im Garten in der Hängematte verbracht. Zu Glück ist der Rasen halbwegs da und an allen Ecken und Ecken wächsts, gedeihts und blühts. Leider hat die kleine Regenzeit just mit ihrer Ankunft richtig begonnen und es waren nur wenige Stunden Sonnenschein pro Tag.




Nach einer Woche sind wir dann losgefahren in den Norden Äthiopiens. Nach einem kompletten Tag im Auto an dem wir durch die Schlucht des blauen Nils (Der blaue und der weiße Nil vereinen sich später zu DEM Nil) und über 300km feinste Schotterpiste (selbst das Radio hat schon gestottert) gedüst sind kamen wir dann endlich in Bahir Dar am See Tana an. Dort saßen wir dann in einem wunderschönen Hotelgarten unter riesigen Palmen direkt am See. Hier ein Bierchen zu trinken macht wirklich Laune. Leider ist in Bahir Dar der Tourismus, an äthiopischem Standard gemessen, relativ stark was nicht nur dazu führt, dass es bessere Einkommensmöglichkeiten für die Bevölkerung, sondern dass die Bettler wissen das es etwas zu holen gibt und deshalb besonders offensiv auftreten. Das nervt schon ziemlich.

Am nächsten Tag machten wir nach einem ausführlichen Frühstück in besagten Hotelgarten eine klasse Bootsfahrt auf dem See. Dabei haben wir Holz-Kirchen aus dem 13. Jahrhundert besucht und an der Quelle des Nils erfolglos nach Hippos (Nilpferden) gesucht.

Anschließend sind wir in die Simien Mountains gefahren und haben dort zwei Nächte auf 3600m gezeltet. An allen Ecken und Enden gibt es dort riesige Herden von Affen, die im Boden nach Wurzeln suchen:


Wir haben eine kleine Wanderung auf einen Pass auf 4200m gemacht was gar nicht so einfach war, da man die Höhe doch deutlich spürte. Da Susanne zuvor erst eine Woche in Addis auf 2.400m war hatte sie noch deutlich mehr Probleme mit Übelkeit und Kopfweh als ich. Trotzdem war es ein wunderbares Erlebnis!


ENDLICH die Zweite:

Was ist wohl die Nummer Zwei? Klar: Unser Bulli! Pünktlich zwei Tage vor Susanne kam er an. NUR drei Monate nachdem wir ihn in Hamburg auf das Boot gebracht haben… Der äthiopische Behördengott macht es möglich. In Äthiopien gilt der Motor eines Autos nicht als Ersatzteil, sondern als Identifikationsteil eines Autos. Somit wird ein Auto anhand der Fahrgestellnummer & der Motornummer identifiziert. Und zwei solche Nummern (eine ca. 14stellig, eine 9stellig) kann man, wenn man sie auf ca. 73 Formularen und Durchschlägen eintragen muss schon dreimal falsch schreiben, so dass der Prozess dreimal wieder ganz von vorne anfangen muss…

Leider wurde der Bus auf dem Weg auch aufgebrochen und total durchwühlt. Zum Glück fehlt kam was. Bisher ist mir nur aufgefallen, dass ein CD-Radio ein Weltempfänger und eine Gaslampe fehlen und der Drucker beim Durchwühlen kaputt ging. Aber immerhin habe ich jetzt wieder mehr als 3 T-Shirts. Nach drei Monaten ein tolles Gefühl sage ich Euch!

Aber nachdem der eine Prozess beendet war find der nächste erste an: Somit komme ich zu:

ENDLICH die Dritte:

Endlich darf ich den Bulli hier fahren! Nach NUR einem weiteren Monat und ca. 7 Behördengängen von mir und 34 Behördengängen von dem DED Liaison Officer habe ich seit Montag meinen äthiopischen KFZ Brief, eine Vollkaskoversicherung und Nummernschilder! Auf Details, wie dem dass der Bulli zwei Motornummern hat, will ich gar nicht eingehen… Nach sage und schreibe NUR 4 Monaten und 8 Tagen darf ich wieder legal Bulli fahren! ENDLICH!

ENDLICH die Vierte:

Der Garten wächst und gedeiht. Schaut euch einfach die Bilder an (Die ich beim nächsten Mal hochlade, für heute habe ich genug von Bildern hochladen bei 40k). Ich wage die Prognose wenn ich in zwei Jahren hier wieder abreise steht das Haus in einem wundervollen tropischen Garten!

ENDLICH die Fünfte:

Der erste Besuch ist im Gästezimmer: Michael, ein Freund aus Köln hat momentan gerade für ein Jahr unbezahlten Urlaub (Sabatical) und bleibt jetzt für drei Monate hier in Addis und arbeitet ehrenamtlich an einer evangelischen Schule. Er ist u.a. Sportlehrer und unterstützt die Lehrer pädagogisch und bildet sie fort. Jetzt lebe ich also momentan in einer Dreier WG und das ist richtig nett. Nachdem Katharinas Freund und Susanne wieder abgereist sind und Michael nun auch für drei Monate räumlich weit getrennt ist von seiner Freundin jammern wir uns gegenseitig die Ohren voll.

ENDLICH die Sechste:

Am Wochenende bauen wir unsere Gartenhütte zu einer Bar um und am 06.Mai gibt’s dann endlich die offizielle Haus-Einweihungsparty mit allen deutschen und äthiopischen Kollegen. Das wird sicher nett!

So jetzt reicht es aber auch wieder für heute. Ich muss jetzt ins Bett.

Schlaft gut ihr da draußen und denkt nicht so viel an mich wie ich an Euch, sonst kommt ihr zu Nichts mehr!

12 Februar 2006

Eingezogen !

Seit gestern ist es soweit: ICH BIN EINGEZOGEN!

Aber kennt ihr den Film: "Leben auf einer Baustelle"? Der laeuft hier gerade ab ;)

Zum Glueck arbeiten aethiopische Handwerker auch samstags und sonntags, so dass die ganze Sache heute weiter ging und das Schlimmste fast vorbei ist. Alle Zimmer sind weitestgehenst gestrichen und morgen kommt der Rest. Dann muss ich mal Möbel, Kühlschrank und Herd besorgen. Bisher habe ich nur ein Bett (Immerhin!) und der ganze Rest liegt am Boden rum...

Aber es sieht echt schon ganz nett aus mittlerweile:














Nachdem ich doch so einiges Geld in die Renovierung gesteckt habe, bin ich froh dass ich jetzt auch jemanden gefunden habe, der mit mir die Kosten teilt. Katharina, eine Kollegin von der GTZ zieht ab Maerz in das freie Zimmer.

Ich habe jetzt auch meine endgueltige Telefonnummern falls ihr mich erreichen wollt:
Festnetz: 00251-11-4162596
Mobil: 00251-911-773264
Die billigsten Vorwahlen gibts immer bei www.billiger-telefonieren.de

Wenn der ganz Umzugsstress weniger wird, schreibe ich auch wieder ausfuehrlicher. Versprochen!

05 Februar 2006

Endlich Bilder

Heute endlich mal Bilder!!

Ich kämpfe ;) jetzt schon seit 3 Wochen mit den äthiopischen Handwerkern um mein Haus zu renovieren. Hier einige Eindrücke:





Diese Woche war ich auch das erste Mal beruflich im Land unterwegs. Hier die Auto-Werkstatt der Berufsschule:

Das ist mein äthiopischer Counterpart, der immer nur meint: Mein Junge du bist noch so jung, du hast noch alles vor dir ;) Im Vordergrund ein Kollege der deutschen Entwicklungsbank KfW, der hier war um zu kontrollieren ob wir die gegebenen Steuergelder nicht verschwenden:

Und zu guter Letzt ein paar Eindrücke von der Hauptstrasse von Addis in den Süden:

27 Januar 2006

Job

Dieses Mal erzähle ich euch was von meinem Job:

Diese Woche ging es richtig los. Äthiopien hat eigentlich von an Ressourcen alles was ein Land braucht um dafür zu sorgen, dass keiner seiner Bewohner unter extremer Armut leiden muss. Leider tut dies aber doch der größte Teil der Bevölkerung.

Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit sind Aktionen im Bereich der Landwirtschaft die Wichtigsten. Hier geht es zum Beispiel darum das vorhandene fruchtbare Land besser zu bewirtschaften und vor Erosion zu beschützen. Probleme hier sind z.B. dass das äthiopische Brot Injera, dass Hauptbestandteil aller Mahlzeiten aller Äthiopier mit dem Getreide Teff hergestellt wird. Teff bringt jedoch auf der gleichen Fläche nur ca. 1/8 des Ertrages von anderen Getreidesorten. Außerdem schützt es den Boden kaum vor der Witterung und fördert somit die Erosion der Böden. Dazu kommt dass in ganz Äthiopien beinahe alle Wälder abgeholzt wurden und die Böden ungeschützt immer mehr ihre Fruchtbarkeit verlieren. Deswegen laufen hier viele Projekte zur Wiederaufforstung, dem Ersatz von Teff durch andere Getreidesorten und Training der Bauern zur besseren Bearbeitung der Felder.

Daneben ist aber die fehlende Wirtschaft und somit die fehlenden Arbeitsplätze das größte Problem. Die Bevölkerung in Äthiopien wächst in einem unglaublichen Tempo. Jedes Jahr um mehrere Millionen. Deswegen gibt es auch immer mehr Jugendliche die keine Beschäftigung haben und auf der Strasse sitzen.

Diese Jugendlichen benötigen auf der einen Seite eine gute Schul-, Berufs- und auch Universitätsausbildung, auf der anderen Seite aber auch Jobs nach dem Ende ihrer Ausbildung.

Deswegen finanziert die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) hier im Land aus deutschen Steuergeldern den Ausbau der Berufsausbildung. In diesem Bereich bin ich tätig.

In den letzten Jahren konnten sich bestehende Berufsschulen um finanzielle Unterstützung aus diesem Programm bewerben. Dazu mussten sie einen Plan entwerfen wo sie sich hin entwickeln wollen und was sie dazu brauchen. 10 dieser Schulen sind ausgewählt worden und sollen nun diese Unterstützung bekommen. Um sie bei ihrer Entwicklung zu unterstützen und gleichzeitig zu kontrollieren, dass die Gelder nicht für etwas anderes verwendet werden sind nun deutsche Berater, unter anderem ich, hier. Ich bin für die Region Oromiya, in der 5 dieser Schulen weit verstreut liegen, zuständig. Ich werde also regelmäßig diese Schulen besuchen und sie bei ihren Pläne z.B. Neubau von Klassenräumen, Anschaffung von Maschinen für ihre Werkstätten, Weiterentwicklung ihrer internen Organisation, Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, Aufbau einer eigenen Produktion, Schaffung neuer Ausbildungsgänge, und Vielem mehr beraten.

Soweit der bisherige Plan. Jetzt die Realität:
Wie ich bereits erwähnt habe ist die Ausbildung nur die eine Seite. Wenn danach keinerlei Arbeitsplätze vorhanden sind nützt die beste Ausbildung nichts. Deswegen hat die äthiopische Regierung mit Unterstützung der deutschen Regierung in den letzten Jahren ein ganzheitliches Programm erarbeitet, dass auch die Förderung von winzigen, kleinen, mittleren und großen Unternehmen im Blickpunkt hat. Dieses Programm nennt sich ECBP Engineering Capacity Building Program und ist im November 2005 offiziell angelaufen. Das Konzept dieses Programms wurde auf nationaler Ebene entworfen und ist bisher in den Regionen weder bekannt, noch geplant. Deswegen wurden für die Regionen Personen identifiziert die dies sowohl von äthiopischer Seite, als auch von deutscher Seite aus organisieren sollen.

Lange Rede kurzer Sinn: Nachdem ich 1 Tag in Äthiopien war und mich bei den ersten Verantwortlichen vorgestellt hatte kamen diese gleich auf die Idee: Der Thorsten, der ist doch genau der Richtige dafür. Und zack jetzt habe ich schon meinen zweiten Hut auf und die geplante Vorbereitung ist passe. Stattdessen schwimme ich schon fleißig im kalten Wasser und verhandele mit den äthiopischen Verantwortlichen wie wir das Programm am besten umsetzen. Mittendrin statt nur dabei. Wie es mir dabei ergeht erzähle ich euch beim nächsten Mal.

15 Januar 2006

Menschen & Wohnen

Menschen

Die Menschen hier in Addis auf der Strasse sind wirklich unheimlich nett. Sie sind unglaublich gastfreundlich, freuen sich riesig, wenn man auf Amharisch Guten Tag oder Danke sagen kann. Aber klar wird man als Weißnase (Oder wie die Äthiopier uns nennen: Ferenji) hier immer und überall angesprochen und bevorzugt. Die Strassen sind relativ sauber und immer voll mit Menschen. Kleine Händler mit Bauchläden, Schuhputzer, Businessleute im Anzug und gesprächige Taxifahrer prägen das Bild. Das Leben spielt sich auf den Strassen ab! Und das Wunderbarste: Streng gläubige Muslime, orthodoxe und katholische Christen leben hier in Harmonie ihren gemeinsamen Alltag. Moscheen und Kirchen sind nur wenige Meter auseinander und hier hat keiner auch nur das geringste Problem damit. Verschiedene Religionen leben glücklich miteinander: Das geht!

Aber man begegnet in den Strassen auch immer extremer Armut. Oft wird man angebettelt von zum Teil katastrophalen Fällen. Lebrahkranke Menschen, die keine Beine mehr haben kriechen auf ihren Händen über die Strasse und bitten um Geld. Doch die wahre Armut sieht man nicht, die spielt sich hinter den Kulissen versteckt in den Hinterhöfen und Slums ab.

Eine Geschichte von heute:

Heute Vormittag habe ich zum ersten Mal persönlich HIV Positive bei denen AIDS ausgebrochen ist getroffen. Zur Bewusstseinsbildung habe ich heute mit einem DED-Kollegen der in der HIV/AIDS Prävention arbeitet eine äthiopische Organisation besucht. Diese Organisation versorgt AIDS Kranke mit antiretroviralen Medikamenten und pflegt sie von Zeit zu Zeit in ihrem Zuhause. Dieses Zuhause ist meist nur eine Lehm-/Bambushütte notdürftig mit Wellblech abgedeckt in einem der Slums. Diese Hütten kollabieren leider sehr häufig während der Regenzeit und werden weggespült.

Eine der Mitarbeiterinnen der Organisationen besuchte mit uns zwei ihrer Patienten. Dabei handelte es sich ganz und gar nicht um die schlimmsten Fälle. Trotzdem waren dies bleibende Eindrücke an die ich mich sicher mein Leben lang erinnern werde. Das Wundervolle bei der zweiten Patientin war, dass sie aufgrund der Behandlung mit Medikamenten dem Tod von der Schippe springen konnte. Diese Frau die mit ihrer 11jährigen Tochter in einem Slum einfachster Form haust, lag vor 9 Monaten in ihrem eigenen Exkrementen im Bett, konnte sich kaum mehr bewegen und nur noch unter größter Anstrengung sprechen. Die Organisation begann die Frau mit Medikamenten und Geld für das Minimum an Essen für sie und ihre Tochter zu versorgen. Bereits nach drei Monaten stellten sich erste kleine Verbesserungen ein. Heute sitzt diese Frau wieder wie eine Eins in ihrer Hütte und kann diese wieder selbst in Schuss halten. Wenn ich es nicht gewusst hätte wäre ich nie auf die Idee gekommen dass diese Frau erkrankt ist. Leider hat Sie bis heute noch keinerlei Einkommensmöglichkeit und lebt mit ihrer Tochter von 75 Birr (7,50 Euro) im Monat, die sie von der Organisation bekommt. Wir konnten uns alle nicht vorstellen wie sie es schafft damit zu überleben, aber gemeinsam mit ihren Nachbarn und gegenseitiger Unterstützung schafft sie es!

Eines der perversesten Dinge ist, dass man von diesem Slum auf das örtliche Hilton Hotel mit allem westlichen Luxus blickt, dass nur ca. 500m entfernt ist. Ich scheitere daran, solch ein Gefälle in Worte zu fassen.

Klar dachten wir direkt daran der Frau Geld zu geben. Der Kollege wollte jedoch nicht ein Almosen geben welches sie einfach für Essen ausgibt in ein Paar Tagen bereits wieder aufgebraucht ist. Also begannen wir damit sie zu fragen wie sich vorstellen könnte sich selbst zu versorgen. Sie erzählte uns, dass sie früher immer Kaugummis, Taschentücher und Zigaretten am Büdchen gekauft hat und sich damit dann die komplette Nacht vor eine Bar gestellt hat um sie etwas teurer wieder zu verkaufen. Sie bräuchte aber 300 Birr (30 Euro) Startkapital, damit sie Großpackungen kaufen könnte. Nur dann würde dabei etwas hängen bleiben. Diese Frau ist sehr helle und konnte genau vorrechnen wie viel sie dann an einem Tag verdient, wie viel sie zum Leben braucht und dass sie ihre Kleidung (Sie hat ein T-Shirt, eine Hose und eine Jacke, die sie seit Jahren immer anhat und die auch entsprechend aussehen) in Ordnung bringen müsste, sonst würde ihr niemand etwas abkaufen.

Das war uns aber nicht genug und wir wollten ihr nicht einfach so 300 Birr geben. Also fragten wir sie weiter, was noch möglich wäre. Dann erzählte sie uns, dass sie sich vor einigen Wochen ein Huhn gekauft hätte und in ihrer Hütte gehalten hat. Dieses hat innerhalb weniger Wochen knapp 40 Eier gelegt. Diese hätten ihre Tochter und sie teilweise als Nahrung genutzt und verkauft. Leider ist das Huhn vor 2 Wochen gestorben. Sie packte eine Tüte aus, öffnete diese und darin lag das seit Tagen tote Huhn, da sie sich nicht davon trennen konnte, da es ihre Zukunft war und sie monatelang darauf gespart hatte. Ein Huhn kostet in Addis 20 Birr (2 Euro). Sie war der Meinung, dass sie mit 2-3 Hühnern genug Eier hätte um mit dem Verkauf sich teilweise finanzieren zu können.

Das alles überraschte mich unheimlich. In der Situation bin ich, wohl durch meine Vorurteile geprägt, direkt davon ausgegangen, dass diese Frau nicht besonders helle sei und sicher keine Ahnung, wie sie sich aus der Situation etwas befreien könnte. Aber nein, sie hat sich sehr wohl Gedanken gemacht und wusste sehr genau, was sie tun könnte. Das hörte sich für mich möglich an und wir verabredeten mit ihr, dass wir ihr nun 100 Birr geben und in zwei Wochen wiederkommen um zu kontrollieren, ob sie wirklich das umgesetzt hat, was sie geplant hat und nicht direkt auf dem Markt das Geld einmalig für Essen ausgegeben hat. Ich bin wirklich gespannt ob sie das Geld wirklich als Investition verwendet.

Wohnen

Heute ist es passiert – ich habe per Handschlag ein Haus gemietet. Als alter WG süchtiger habe ich natürlich auch hier in Addis nach einer WG gesucht. Bereits in der Vorbereitung in Bad Honnef hatte ich mit einer Mitausreisenden von der GTZ überlegt ob wir uns nicht ein Haus gemeinsam mieten. Nachdem Sie bereits einen Monat vor mir in Addis ankam hat sie sich auch gleich auf die Suche gemacht und direkt ein WG taugliches Haus gemietet. Leider war das Haus mitten im Diplomatenviertel und ich wollte lieber unter Äthiopiern leben statt separiert davon. Aber wir reden trotzdem noch miteinander ;) Auf jeden Fall habe ich ab Februar ein Haus mit riesigem Garten, Holzdielenboden und Kamin. Ok das Haus muss noch deutlich renoviert werden, aber einer meiner ehemaligen Vorgesetzten hatte den Leitspruch: „Schaue nicht nach den Problemen, schaue nach den Potentialen“ – und Vorgesetzte können manchmal ziemlich weise sein! Ich habe wahrscheinlich noch viel Kampf mit äthiopischen Handwerkern vor mir, aber immerhin habe ich bei den Verhandlungen mit dem Eigentümer einen Preis für dieses Haus in der Lage herausgeholt, der absolut gut ist (umgerechnet 350 Euro). Und ich habe momentan noch zwei Schlafzimmer frei. Das heißt, selbst wenn ich noch einen Mitbewohner mit rein nehme bleibt ein schönes Gästezimmer. Also kommt alle, kommt zahlreich, die ca. 15m hohen Palmen im Garten spenden schönen Schatten!

Über die Stadt, meinen Job und das Land bald mehr. Irgendwann auch mal mit Bildern! Es ist schön an Euch zu schreiben. Ich denke immer an euch, auch wenn hier jeden Tag unglaublich viel Neues passiert.

06 Januar 2006

Angekommen

Gestern abend bin ich mit ein wenig Verspaetung gut in Addis angekommen.

Der Abschied aus Deutschland war unheimlich schwer. Ich habe wirklich gelitten wie ein Hund insbesondere bei dem Abschied von Susanne. Die letzten Monate in Deutschland waren so klasse, dass ich mich wirklich gefragt warum ich das tue...

Ich moecht mich noch einmal bei allen bedanken, die mich so nett verabschiedet haben in den letzten Tagen. Ich vermisse Euch.

Ich wurde von meinem Chef vom Flughafen abgeholt und ich hatte keinerlei Zollprobleme. Ich hoffe nur, dass mein Bus mit allen meinen Sachen genauso unproblematisch den Weg hierher findet!

Nachdem wir noch ein Begruessungsbierchen in einer netten einheimischen Kneipe getrunken haben und ich endlich viele Details ueber meine Aufgabe hier und die aktuelle politische Situation bekommen habe bin ich im Guesthouse tot ins Bett gefallen und habe bis um 11 durchgeschlafen.

Danach habe ich meinen ersten aethiopischen Kaffee genossen und bin abgeholt worden zum DED Buero um die naechsten Termine zu klaeren.

Addis macht auf den ersten Blick einen tollen Eindruck. Das kann aber auch daran liegen, dass hier strahlend blauer Himmel herscht bei guten 20 Grad. Momentan blueht alles und die Stadt macht einen sehr sicheren Eindruck.

Ach so ab Mittwoch bekomme ich vorlaeufig das Handy von meinem Chefe bis ich meines habe (Was aber noch einige Wochen\Monate dauern kann). Das heisst ich bin zu erreichen unter 00251 91 167 79 34. Wenn ihr mich anrufen moechtet forscht am besten vorher im Internet ein bisschen nach der billigsten Vorwahl. 20 cent/min ist aktuell so ziemlich das Guenstigste. Ach so und SMS funktionieren leider nicht. Und ich bin zwei Stunden voraus.

So jetzt muss ich dringend was Essen - bald mehr

16 Dezember 2005

Ende der Vorbereitung in Bad Honnef


Ich bin in der letzten Woche der Vorbereitung angekommen. Momentan beginne ich meine verbliebenen sieben Sachen in meinen Bulli zu packen. Am Donnerstag, den 22.12.05 beginnt mein "Ausreiseurlaub" in dem ich noch einmal die ganze Familie und so viel wie möglich meiner Freunde besuchen werde um mich von allen zu verabschieden. Am 02.Januar lernt mein Bulli schwimmen auf einem äthiopischen Schiff bevor ich dann schliesslich am 05. Januar ins Flugzeug steige.

Die Vorbereitungszeit hier in Bad Honnef verging wie im Fluge. Ich habe sehr viele Aha-Erlebnisse gehabt und Einiges gelernt. Im Vergleich zu meiner Vergangenheit in der Industrie habe ich hier ein sehr geruhsames Leben gelebt mit viel Zeit zur persönlichen Reflektion. Ich bin bereits jetzt sehr glücklich über all das was ich hier für mich persönlich mitnehmen konnte.

In den vergangenen Monaten habe ich folgende Kurse besucht:

1. DED-Inhouse-Kurs 2 Wo.
2. Interkulturelle Kommunikation 1 Wo.
3. Länderkunde Äthiopien 1 Wo.
4. Ausbildung gestalten und Curricula entwickeln im EZ Kontext 2 Wo.
5. Beratungskompetenz 1 Wo.
6. Fach-Englisch 3 Wo.

Obwohl das Leben hier zeitlich sehr geruhsam ist, herrscht in mir eine unheimliche Anspannung. Es fällt mir nicht leicht meine Existenz die ich mir in den letzten Jahren hier in D aufgebaut habe so einfach hinter mir zu lassen.
Um es deutlicher zu sagen: Momentan geht mir ziemlich die Muffe!

Aufgrund der enormen Unruhen in Äthiopien im November stand meine Ausreise kurz auf der Kippe. Ich habe bereits jetzt die Erfahrung gemacht dass man in der EZ sehr abhängig von der politischen Großwetterlage ist. Was eben noch klar war ist jetzt vielleicht schon gar nicht mehr klar da einem Minister ein Furz quer sitzt.

Mittlerweile hat sich die Situation vor Ort entspannt und meiner Ausreise steht Nichts mehr im Wege. Ich habe unheimlich viele spannende Dinge von Äthiopien erfahren und freue mich sehr auf die Aufgabe.

Obwohl Susanne und ich aufgrund der bevorstehenden räumlichen Trennung eine sehr schwierige Zeit durchmachen, möchte ich mich ganz herzlich bei Ihr bedanken: "Susanne danke dass du zu mir stehst und mir die Kraft für diese Herausforderung gibst."

18 Oktober 2005

1. Tag der Vorbereitung

Heute hat die Vorbereitung in der Vorbereitungsstätte von Inwent in Bad Honnef bei Bonn begonnen. Hier werde ich mich jetzt die nächsten 2 1/2 Monate bis Weihnachten auf meine Ausreise nach Äthiopien vorbereiten.

Die ersten beiden Wochen nehme ich an dem DED-Inhouse Training teil. Dabei machen wir uns vertraut mit dem Deutschen Entwicklungsdienst (DED), dem Umfeld der deutschen Entwicklungszusammenarbeit (EZ), unserem künftigen Projektplatz und klären Organisatorisches.

Soweit man das nach einem Tag bereits sagen kann bin ich beeindruckt von der Einrichtung, der Organisation, und insbesondere von der einwandfreien Didaktik der Referenten.

Nachdem ich doch Respekt davor hatte in die Ausbildung zurückzukehren (8h still sitzen und zuhören) freue ich mich nach diesem tollen Auftakt nun auf jede Minute die da kommt.